Auf unserer Wander-Bucketlist ist schon seit einiger Zeit die Lötschberg Südrampe zu finden. Findige Marketingmanager haben die Tour entlang der Lötschberg Eisenbahnlinie irgendwann als Klassiker definiert. Also quasi ein «must do» in der Schweiz. Nun sind die Ansprüche an derartige Wanderungen ja immer etwas heterogen: einige mögen es spektakulär während andere mit etwas Aussicht zufrieden sind. Die Wanderung entlang der Lötschberg Südrampe kann so ziemlich alle Bedürfnisse befriedigen…
Die Lötschberg Südrampe verbindet Brig im Rhonetal mit dem Lötschbergtunnel und stellt eine wichtige Zugverbindung zwischen dem Wallis und dem Mittelland dar. Zusammen mit dem weiter südlich gelegenen Simplontunnel gehört die Linie zum Güterkorridor zwischen Amsterdam und Genua. Das Problem der Ingenieure: der Eingang zum Lötschbergtunnel liegt auf rund 1’200m während Brig uf 680m über Meer liegt. Um die 500 Höhenmeter zu überwinden hat man kurzerhand eine Rampe an den Berg gepflastert. 25km legen die Züge zwischen Brig und Goppenstein zurück – teilweise durch Tunnel, teilweise über spektakuläre Brücken.
Wir entscheiden uns für den Teilabschnitt Hohtenn – Ausserberg. Frühmorgens stellen wir das Auto in Brig am Bahnhof ab und nehmen von dort den Regionalzug nach Gampel. Nach einigem hin und her haben wir uns aus fahrplantechnischen Gründen für diese Variante entschieden. Sonntags in der Nebensaison fahren die Züge und Busse leider nicht so zahlreich. Dennoch hat man am Ende der Wanderung stündlich einen Zug zurück nach Brig. Auf diese Weise waren wir recht unabhängig, was das Timing betraf.
Nach Ankunft in Gampel geht es erst ein ganzes Stück flach quer durch das Rhonetal. Wir gelangen so vom Bahnhof zum Dorfzentrum. Eigentlich fährt da auch ein Bus, aber der Fahrplan hat nicht ganz so gepasst.
In Gampel beginnt der Aufstieg nach Hohtenn. Erst entlang der Kantonsstrasse, dann auf kleinen und steilen Wanderwegen steigen wir knapp 300 Höhenmeter nach oben. Wir durchqueren das Dörfchen Hohtenn und gelangen auf die Stägeru Sue – eine Suone die seit dem 16. Jahrhundert die Felder bewässert. Der Weg steigt auf den nächsten 3.5km nur langsam an und bietet dennoch Spektakel. Einige Engstellen und Felsvorsprünge sind zu überwinden ehe man zur Wasserfassung am Jolibach gelangt. Praktisch aus dem Nichts erscheint plötzlich ein tiefer Taleinschnitt mit senkrechten Felswänden vor uns. Die Suone wird mit einigen Kunstbauten um den Fels geführt während wir auf Stegen weitermarschieren. Nach ein paar hundert Metern verschwinden Wanderweg und Suone in einem Tunnel. Auf der anderen Seite erklimmen wir über etliche Stege und Treppen eine kleine Anhöhe von der aus eine spektakuläre Hängebrücke die Schlucht überwindet. Das ist definitiv nichts für schwache Nerven!
Auf der anderen Talseite machen wir eine kurze Mittagspause. Danach geht es gemächlich weiter in Richtung Rarnerchumma. Von hier oben hat man einen wunderbaren Blick ins Rhonetal. In Richtung Osten erblicken wir Brig und das Goms, in Richtung Westen liegen Sion und das Unterwallis. An der Rarnerchumma sind wir erstmals auf gleicher Höhe wie die Eisenbahnlinie. Die Züge schiessen hier aus einem Tunnel hervor und nehmen die letzten Kilometer in Richtung Hohtenn in Angriff.
Wir gehen weiter auf dem Trassee der alten Baubahn. Ein breiter Weg führt durch allerlei Tunnel hinein ins Bietschtal. Dieser breite Taleinschnitt entwässert das Bietschhorn in Richtung Rhone und wird vom Bietschtalviadukt überbrückt. Erbaut 1913 gilt es als Meisterleistung der Ingenieure und steht noch heute praktisch unverändert. Der Wanderweg führt praktischerweise direkt über die Brücke und quert so die Talsohle in einer Höhe von komfortablen 78m.
Auf der anderen Seite der Brücke laufen wir das Bietschtal wieder nach vorne in Richtung Rhonetal. Dort biegen wir dann wieder in Richtung Osten ab und folgen einer weiteren Suone die uns bis fast nach Ausserberg führt. Kurz vor dem Ziel steigt der Weg nochmals deutlich an und wir überqueren erstmals die Bahnschienen. Es folgt ein kurzer aber knackiger Abstieg bis zum Bahnhof Ausserberg. Hier werden durstige Wanderer auf der Terrasse des Hotels mit einem kühlen Bier belohnt. Manchmal ist es doch ganz praktisch, wenn der Zug nur einmal pro Stunde fährt 😉